North & South


von Sokrates
24.03.2003

Es soll ja Leute geben die behaupten, dass Videospiele auf irgendeine Weise blöde machen oder auf jeden Fall sicher nicht klüger. Diesen Behauptungen zum Trotz werden von Zeit zu Zeit aber auch Spiele entwickelt, die sich einem wichtigen Ereignis der Vergangenheit annehmen und damit quasi aktiven Geschichtsunterricht betreiben. In North & South wird der amerikanische Bürgerkrieg thematisiert, der von 1861 bis 1864 das Land in zwei Teile zerriss und zutiefst erschütterte. Die Erläuterung der Gründe, die zu diesem Krieg führten, erspare ich mir aber an dieser Stelle und auch Einzelheiten über die grausigen Ereignisse möchte ich mir lieber verkneifen. Zum Verständnis des Spiels sollte man vielleicht lediglich wissen, dass die Nordstaaten gegen die Südstaaten kämpften und der Norden nach langem Ringen schließlich den Sieg davontrug. So viel zum geschichtlichen Hintergrund, weiter geht’s mit den spielerischen Fakten.

Der Spieler entscheidet sich vor Spielbeginn, welche der beiden Seiten er unterstützen möchte und wählt im selben Zug auch gleich noch einen der drei zur Verfügung stehenden Schwierigkeitsgrade, sowohl für sich selbst, als auch für den Gegner (sei es der Computer oder ein Mitspieler). Auch das Jahr des Szenarios kann angewählt werden (1861-1864), was Einfluss darauf hat, wie viele Truppenverbände die Nord- und Südstaaten besitzen, denn gegen Ende des Krieges wurden die Südstaaten laufend geschwächt und die Nordstaaten im Gegenteil immer stärker. Auf diese Weise versuchten die Programmierer, dem tatsächlichen geschichtlichen Verlauf des Krieges Rechnung zu tragen. Nachdem man auch die Einstellung für diverse äußere Einflüsse vorgenommen hat - wie beispielsweise eine üble Gewitterwolke, die eigene und gegnerische Truppen zuweilen ein wenig nass macht oder Indianer, die auf eigene Rechnung die wohlgeordneten Armeen etwas aufmischen – geht man sofort über zum eigentlichen Spiel. Auf einer Landkarte der Vereinigten Staaten sind nun die verschiedenen Truppeneinheiten der Nord- und Südstaaten postiert und können beliebig vom einen Territorium ins nächste verschoben werden. Das Ziel besteht darin, sämtliche gegnerische Einheiten vollständig von der Karte zu fegen, wozu man schlicht und einfach die Waffen sprechen lässt. Glücklicherweise artet das Ganze nicht in ein stumpfsinniges Herumgeballere aus, sondern erfordert ein gewisses Maß an Geschicklichkeit und taktisch-strategischem Vorstellungsvermögen, denn neben großer Schlachten auf dem Felde müssen auch freie Territorien besetzt werden, wobei es von Vorteil ist, wenn man sich vor allem möglichst das ganze Gebiet entlang der Eisenbahnstrecken aneignet. Wenn man die Bahnhöfe erobert, kann der Zug Gold hin und her transportieren, womit man neue Truppenverbände kaufen kann. Allerdings besteht bei solcherlei Transporten die Gefahr, dass der Feind einem das schwer verdiente Gold abzujagen versucht. Dies geschieht, wenn sich ein Gebiet am Bahngleis in den Händen des Widersachers befindet. In diesem Fall springt ein einzelner Soldat auf den Zug auf und der Spieler steuert den mutigen Recken in einer Jump'n'Run-Sequenz über die Dächer der Wagons, wobei der Gegenspieler die Möglichkeit besitzt, dieses Vorhaben mittels eigener Soldaten zu verhindern. Zu einer derartigen Sequenz kommt es auch, wenn man sich dazu entschließt, ein gegnerisches Fort zu erobern.

Die eigentliche Würze machen aber ohne Zweifel die offenen Schlachten auf dem Feld aus, Auge um Auge, Zahn um Zahn! Gerüstet mit einer Kanone, einer Kavallerie- und einer Infanterieeinheit beginnt die Schlacht gegen den Feind, wobei Schnelligkeit und Geschicklichkeit die bestimmenden Faktoren sind. Die einzelnen Einheiten können nur nacheinander bewegt werden (außer der Computer, der alle miteinander einsetzen kann) und müssen über Brücken und Furten bewegt werden – die jedoch von der Kanone unpassierbar gemacht werden können – um in die Nähe des Feindes zu gelangen. Nervenkitzel und zittrige Erregung sind absolut garantiert, vor allem wenn man die Schlacht gegen einen menschlichen Gegenspieler schlägt, dann wird aus Spaß eine Party, wie sie in der Videospielwelt nicht oft anzutreffen ist.

North & South lebt vor allem durch den Zweispielermodus, was aber nicht bedeuten soll, dass das Spiel alleine keinen Spaß macht. Durch die immer wieder ändernden Szenarios und den einstellbaren Schwierigkeitsgrad bietet dieser Titel eine Menge Abwechslung und motiviert dazu, immer mal wieder reinzuschauen. Die Steuerung, Spielbarkeit und Grafik hinterlassen dagegen einen zweischneidigen Eindruck. Die Schlachten auf offenem Felde präsentieren sich – obschon die Protagonisten relativ klein geraten sind – liebevoll animiert und auch die Umgebung wartet mit schmucken Details und prächtigen Farben auf. Die Einheiten lassen sich prima steuern und befolgen die Befehle ihres menschlichen Meisters präzise, was man im Jump'n'Run-Teil leider nicht behaupten kann. Man erhält augenblicklich den Eindruck, als hätten die Entwickler diese Abschnitte nur gerade Alibi-mäßig in das Spiel eingefügt, ohne sich groß um ihre Qualität zu kümmern, obwohl die Idee wirklich gut ist und für Abwechslung sorgt. Die Steuerung ist hier leider schwammig, die Kollisionsabfrage unpräzise und der grafische Eindruck nicht gerade überwältigend. Ansonsten ist die Grafik, einem auf einer Landkarte basierenden Strategiespiel entsprechend, eher durchschnittlich. Der Sound weiß zu gefallen und passt ganz ordentlich zu einem strammen Kriegsspiel.

Alles in allem bleibt trotz einiger technischer Mängel kein schaler Beigeschmack übrig. Es macht außerordentlich Spaß, gegen den Computer oder vor allem gegen einen Freund einen kleinen Krieg zu führen und wenn beide Spieler einigermaßen geübt sind, wird man feststellen, dass sich eine Entscheidung ziemlich in die Länge ziehen kann. Für lange, verschneite Wintertage also genau das Richtige! Im Hinblick darauf, dass es auf dem NES in diesem Genre wohl keine allzu große Auswahl geben dürfte, stellt dieser Titel sicher eine interessante Wahl dar und wenn man insbesondere gerne mit Freunden spielt, kommt man an North & South nicht vorbei.


Wertung


8/10

Kommentare



Sokrates
Nach dem Kauf dieses wunderbaren Spiels verbrachte ich mal mit zwei Freunden geschlagene acht Stunden unter wildem Gejohle und Geschrei vor der Kiste, nur damit beschäftigt, uns bei den Schlachten auf dem Feld gegenseitig abzumurksen. Aahhhh.... war das ein Spaß! Bei langen Spieltagen und Nächten mit dem einen oder anderen Freund gehört North & South auch heute noch zu den heiß begehrten Spielen, die immer mal wieder in den Tiefen der Konsole verschwinden :)



Phil
Das erste Mal, als ich North & South spielen durfte, ist schon lange her. Das war damals auf dem Amiga meines Cousins, der immer alle coolen Spiele für dieses geniale Gerät besaß ;) Vorm Zocken einer Runde wurde dem Fotografen im Optionsmenü traditionell in den Hintern gezwickt und los ging's! Fun ist garantiert und das Game ist beispielsweise mit den witzigen Generälen auch sehr lustig aufgemacht. Dass die NES Version in Sachen Spielspaß dem Amiga-Spiel in Nichts nachsteht, steht außer Frage. Vor allem zu zweit ist North & South ein geniales Spiel. Auf Dauer mangelt es aber ein wenig an Abwechslung.



Seppatoni
Wenn ich die Bilder sehe, werden in mir Erinnerungen an stundenlange Gefechte mit Freunden, zahlreiche gesprengte Brücken und viele überfallene Züge wach. Als Multiplayer-Spiel ein heißer Tipp, alleine allerdings hält sich der Spielspaß wie auch die Dauermotivation in Grenzen. Für eine kleine Runde Zwischendurch kram ich das Spiel aber immer mal wieder gerne hervor.



Video